Besuch EGV Bonn
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Gelebte Bonner Gastfreundschaft an der Nordseeküste
Nein, das immer wärmere Klima hat den Meeresspiegel an der Nordseeküste noch nicht so weit ansteigen lassen, dass die Küste jetzt unmittelbar vor der Bundeshauptstadt Bonn am Rhein liegt – aber recht sonnig und warm war der Herbsttag im September schon und eine besonders warmherzige Freundschaft war es allemal, als die Besatzung des Einsatzgruppenversorgers (EGV) BONN viele Angehörige und Freunde zum Familientag an Bord begrüßte. Seit nunmehr 10 Jahren existiert eine offizielle Patenschaft zwischen dem größten Schiff der deutschen Bundesmarine und der Bundesstadt Bonn. Die BONN ist ein Versorgungsschiff vom Typ EGV 702, auch als Berlin-Klasse bezeichnet, und ist die dritte gebaute Einheit dieser Klasse; die Indienststellung fand am 13.09.2013 statt. Der EGV versorgt Schiffe deutscher, aber auch fremder Nationen mit Betriebsstoffen, Verbrauchsgütern, Proviant und Munition und ist so ausgerüstet, dass sie diese Güter während der Fahrt von Schiff zu Schiff übergeben kann. Zusätzlich dienen zwei Hubschrauber dem Transport von Personen und Material. Dadurch kann die Durchhaltefähigkeit von Verbänden erheblich verlängert werden, d.h. die Hafenliegezeit zum Aufnehmen von Versorgungsgütern wird verkürzt. Im Einsatzfall können bis zu 84 Standard-Container auf speziell vorgesehenen Stellplätzen aufgenommen werden – beim Familientag Mitte September jedoch blieben diese Plätze frei und boten reichlich Platz für die Familien und Freunde der Besatzungsangehörigen. Und da es sich quasi um den 10.Geburtstag des EGV handelte, waren auch viele Freunde geladen und zum Fest erschienen. Angefangen von der Ehrengarde der Stadt Bonn, die von der Bundesstadt mit der offiziellen Wahrnehmung der Patenschaft beauftragt worden war und bereits bei Schiffstaufe sowie feierlicher Indienststellung vor 10 Jahren mit von der Partie war, über weitere städtische Honoratioren von Vereinen und Gruppierungen der Bundesstadt bis hin zum Freundeskreis EGV BONN e.V. durften auch Angehörige des Ortsverbands Bonn der Kameradschaft der Feldjäger an diesem Ereignis in Wilhelmshaven teilnehmen.
Nach dem Boarding am Samstagmorgen wurde der EGV pünktlich um 10 Uhr von zwei Schleppbooten aus dem Hafenbecken des Marinestützpunktes 4.Einfahrt gezogen, ehe es danach mit eigener Kraft Kurs Richtung Deutsche Bucht ging.
Wie eingangs erwähnt, gehören zur Einsatzbesatzung auch zwei Bordhubschrauber, die grundsätzlich einsatzbezogen beigestellt werden. Und damit die Familienangehörigen und Freunde sich davon mal einen Eindruck machen können, kam nach kurzer Zeit buchstäblich “aus heiterem Himmel“ ein NH 90-Hubschrauber angeflogen und umkreiste mehrmals spektakulär das Versorgungsschiff, ehe er dann auf dem zuvor geräumten Flugdeck im Heckbereich des EGV landete. Nach dem Herstellen der Sicherheit durfte der NH 90 anschließend sogar besichtigt werden.
Aber dies war nicht der einzige Programmpunkt – es ging Schlag auf Schlag weiter. Mann über Bord – so ertönte der Alarmruf und wir durften Zeuge sein, wie durch ein entsprechendes Rudermanöver ein Drehkreis eingeleitet wurde und wie die Rettungscrew sich fertig machte, ein Beiboot zu Wasser ließ und einen zuvor ins Wasser geworfenen Rettungsring, der eine über die Bordwand gegangene Person simulierte, binnen kürzester Zeit aus der eiskalten Nordsee barg. Schnelles, aber auch überlegtes Handeln ist in einem solchen Fall lebenswichtig, denn die Gefahr, das Opfer aus den Augen zu verlieren, ist schon bei geringem Wellengang sehr groß. Zudem besteht eine akute Unterkühlungsgefahr, was eine waagerechte Rettung erfordert. Dass die gerettete Person medizinisch versorgt werden muss, versteht sich von selbst.
Aber nicht nur EGV-interne Vorführungen, sondern auch Aktivitäten im Verbund mit Dritten wurden gezeigt. Das Patrouillenboot „BAD DÜBEN“, eins von vier Einsatzschiffen der deutschen Bundespolizei, tauchte auf und bereitete sich auf einen Postaustausch vor. Beeindruckend, wie das gut 80 m lange Boot kurs- und geschwindigkeitsmäßig an den mehr als doppelt so langen EGV angepasst längsseits fuhr – erst nachdem Gleichklang bestand, wurde zunächst eine Führungsleine von der BONN auf das Küstenwachboot geschossen, ehe danach die Arbeitsleinen folgten. Binnen kurzer Zeit wurden die Postbehältnisse an den Leinen herübergezogen und kaum war das Boot der Bundespolizei nach erfolgreicher Vorführung wieder aus unserem Dunstkreis verschwunden, wurden alle Personen an Bord per Lautsprecher aufgefordert, den Flugbereich am Heck des EGV zu räumen, denn auch der NH 90-Hubschrauber brach zu seiner Folgemission auf und verabschiedete sich mit einem nochmals beeindruckenden Flugmanöver.
Für kurze Zeit wurde es ruhiger, ehe mit dem Seenotrettungskreuzer BERNHARD GRUBEN ein Schiff der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) mitsamt Tochterboot aufkreuzte. Diese Pause nutzten der 1.Vorsitzende des Ortsverbands Bonn, Oberstleutnant a.D. Werner Wilden, und sein Schriftführer, Feldwebel d.R. Werner Käß, um dem Kommandanten des EGV BONN, Fregattenkapitän Eike Deußen, einen kurzen Besuch auf der Kommandobrücke abzustatten und sich bei ihm für die Einladung und wundervolle Möglichkeit der Teilnahme zu bedanken. Als kleine Erinnerung an diesen unvergesslichen Tag überreichten sie Kapitän Deußen einen Wappenschild des Ortsverbands Bonn sowie verschiedene Trauben- und Weingelees aus dem Ahrtal.
Zurück zur DGzRS – dieser nur 23 m lange Seenotrettungskreuzer ist auch bei extrem starken Seegang äußerst wendig, stabil und manövrierfähig. Das Tochterboot selbst ist nur 7 m lang und lässt sich einfach und schnell zu Wasser lassen, aber auch wieder an Bord nehmen. Von den 9 Mann Stammbesatzung sind jeweils vier „auf Wache“; diese leben und arbeiten rund um die Uhr an Bord und stellen somit die jederzeitige sofortige Einsatzbereitschaft des Seenotrettungskreuzers sicher. Beachtenswert ist dabei, dass die DGzRS sich ausschließlich durch freiwillige Zuwendungen, d.h. Spenden, ohne jegliche staatlich-öffentlichen Mittel finanziert. Die DGzRS beansprucht zur Erfüllung ihrer vielfältigen Aufgaben keine Steuergelder!
Planmäßig lief der EGV BONN gegen 16 Uhr wieder in den Hafenbereich des Marinestützpunkts Wilhelmshaven ein und wir erlebten als vorletzten Programmpunkt das Passieren der Hafenschleuse – eine wirkliche Maßarbeit für Besatzung und Schleusenarbeiter, aber auch wieder für die beiden Schlepperbesatzungen, denn mit 24 m Schiffsbreite war nicht mehr viel Platz zu den Schleusenmauern vorhanden.
Nachdem dann der EGV BONN an seinem endgültigen Liegeplatz fest vertaut worden war, war auch Kapitän Deußen von seinen Aufgaben auf der Kommandobrücke entbunden und hatte Zeit, sich mit seiner Besatzung zu den Gästen zu gesellen – der für den Familientag letzte Programmpunkt war angebrochen und der lautete: BBQ, also geselliges Beisammensein bei Grillgut, Brot und verschiedenen Salaten, aber auch – wie sollte es bei Besuchern aus dem Rheinland anders sein – bei frisch gezapftem Kölsch, einer großzügigen Spende der Ehrengarde der Stadt Bonn.
Die Ehrengarde überraschte dann noch den Kommandanten, indem sie Fregattenkapitän Eike Deußen zum Ehrenleutnant der Garde ernannte. Wie bei solchen Anlässen üblich, wurde hierzu eine Ehrenurkunde, aber auch Orden in Form eines Ansteck-Pins mit Bezug auf das 10jährige Patenschaftsjubiläum zwischen dem Einsatzgruppenversorger BONN (EGV BONN) und der Ehrengarde der Stadt Bonn Vaterstädtischer Verein e.V. (EGVV) verteilt – ein nachhaltiges und sichtbares Zeichen gelebter Gastfreundschaft und Patenschaft zwischen Rheinland und Nordseeküste.
Text und Bilder: Werner Wilden, Oberstleutnant a.D.